Die Covid-19-Pandemie radiert ein Rennen nach dem anderen aus dem Kalender und löst damit offensichtlich bei so manchem Trailrunner Panik aus. Zum einen wegen Unterkunft, Startgebühr und Co. Hier kann ich eine gewisse Nervosität auch verstehen. Sowohl bei Veranstalter als auch Teilnehmerseite. Das beschäftigt mich aber weniger, viel spannender finde ich, dass es viele offenbar kein halbes Jahr oder gar eine Saison ohne Rennen aushalten und ich spreche hier nicht von den wenigen Top-Athleten in unserem Sport. Scheinbar fallen einige in ein schwarzes Loch. Da ließt man Sätze wie: „Da habe ich ja ganz umsonst trainiert!“ Echt jetzt? Du gehst nur laufen, um bei einem Rennen ein paar Minuten schneller zu sein? Und dabei sollte man noch im Auge behalten, dass es bei 99,8% nicht um einen Podestplatz, sondern um einen Blumentopf geht.
Strava statt echtem Rennen
Naja, wohl nicht ganz. Der Blumentopf ist in vielen Fällen wohl für das eigene Ego. Besser zu sein, schneller zu sein, ist für viele offenbar sehr wichtig. Doch schneller als wer? Der Nachbar, die Person die sich am Start vor einen gestellt hat oder der Läufer, der einen gerade überholt hat? Dieses Gefühl, des Schnellerzuseins als andere hat offenbar großes Suchtpotential und hier kommt nun Strava ins Spiel. Zunehmend schießen Strava-Rennen aus dem Boden, bei denen Teilnehmer real laufen, aber in einem virtuellen Rennen gegeneinander. Zugegeben, in einzelnen Fällen eine kreative Sache. Doch worum geht’s dabei? Na klar, um das Schnellersein und um die dicken Eier. Denn auffällig ist schon, dass hier vor allem die Männer nach solchen Ersatzdrogen gieren. Es reicht nicht, einfach seine PB auf einem Strava-Segement für sich zu verbessern. Nein, ich muss schneller sein als andere. Wer auch immer das ist, denn kennengelernt hat man sich ja nicht am Start. Man hat nichts gemeinsam erlebt. Nein, man hat einfach nur die Anderen besiegt.
Vielleicht liegt es daran, dass ich sowieso kein schneller Läufer bin oder einfach nur daran, dass es mir nichts gibt „besser“ als andere zu sein. Aber mir erschließt sich das jetzt wirklich nicht. Warum nehme ich an Trail-Events teil? Um eine gute Zeit mit Gleichgesinnten zu verbringen, Menschen zu treffen, neue Bekanntschaften zu schließen, die Atmosphäre zu genießen und um ein gemeinsames Naturerlebnis. Mit Umarmungen im Ziel, Beglückwünschungen und Geschichtln-Erzählen bei einem Bier danach. Was bleibt von einem Strava-Rennen? Die schnellste Zeit für einen und lange Gesichter bei den anderen.
Einfach mal locker lassen
Vielleicht wäre aber genau die Covid-19-Krise die Chance einmal ein paar Monate, oder sogar eine ganze Saison das Gas raus zu nehmen. Einfach mal wieder für sich zu laufen und unseren Sport in vollen Zügen genießen. Denn ganz im Ernst, wir trainieren doch meist eh alle zu viel und ehe man sich versieht, ist man in diesem Hamsterrad, dass man ja noch trainieren muss sonst wird’s hart beim Event XY. Satt dessen könnten wir die Trails heuer genießen, Ideen entwickeln und Projekte umsetzen. Also versteht mich nicht falsch, ich finde es großartig wenn Leute Vollgas durch die Berge laufen können. Und ich finde es cool, wenn daraus neue Ideen entstehen, wie zum Beispiel neue FKT (Fastes Known Time) Strecken, über die die Läufer dann auch berichten um andere zu inspirieren. Mir geht´s hier um das sich gegenseitig messen, das aus allem ein Rennformat machen müssen, dieses Gegeneinander, statt Miteinander.
Wie seht ihr das? Brauchen wir eine Startnummer oder einen Zeitmesser, damit wir auf den Trails glücklich werden, sind solche Strava-Rennen oder andere virtuelle Rennformate genau das Richtige, um durch diesen Sommer zu kommen? Oder sollen wir uns lieber die Zeit auf den Trails genießen und uns auf reale Rennen mit realen Erlebnissen spätestens 2021 freuen?
Hi Harry.
Danke dir für deine Gedanken – habe sie gerne gelesen. Ich habe mir in den vergangenen Monaten auch so meine Gedanken gemacht und immer mehr wurde mir bewusst, wie schön, natürlich und wichtig doch das Laufen in seinem Kern ist. Die reine Ausübung dessen, ganz unabhängig von einem Rennen. Ich kann deine Gedanken also gut nachvollziehen.
Schauen wir mal, wie es weitergeht! Derweil viel Spass und Genuss beim Laufen 🙂
Hi Sarah
Vielen Dank für deinen Kommentar und es freut mich, dass auch andere viel über dieses Thema nachdenken. Das hast du schön auf den Punkt gebracht, das Laufen ist im Kern einfach schön und das ist von Rennen unabhängig.
Ja ich bin auch sehr gespannt. Ich wünsche dir auf jeden Fall alles Gute und wir sehen uns hoffentlich spätestens im Herbst wieder.