Muss ein Trailrunner Wettkämpfe laufen? Die Antwort ist klar: ja und nein. Ja wenn er will, nein wenn er muss. Seit einigen Wochen beschäftigt mich diese Frage, denn ich merke seit einer Weile, dass mir das gezielte Training auf die heurigen Saisonhöhepunkte genau dass vermiest, warum ich eigentlich auf den Trails unterwegs bin – den Spaß an der Natur und der Bewegung.
Nein, es ist natürlich nicht nur das Training alleine, aber es ist einer der Bausteine der Unlust. Denn wir alle sind ja keine Profis, wir alle Arbeiten, haben Familie, nicht laufende Freunde und zusätzliche Hobbys. Bei mir ist dieser Blog eines der Hobbys und dann habe ich als Journalist noch einen Job, der doch sehr fordernd sein kann. Und dann ist da natürlich meine Familie aus der ich meine Kraft schöpfe. Wie also das alles unter einen Hut bringen, wenn man sich dann noch auch auf zwei 50k Wettkämpfe mit jeweils über 2000hm vorbereitet?
Und hier kommt eben der Spaß ins Spiel, oder eben auch nicht. Denn wenn es einem ein tiefes inneres Anliegen ist die Wettkämpfe zu laufen, wird sich das ganze auch planen lassen ohne in Stress auszuarten. Doch wenn der Wettbewerb als “Müsser” im Kalender steht wirds schwierig. Zu diesem Müsser habe ich mich aber hinreißen lassen. Als ich im Vorjahr beim Karwendelmarsch mit einer, nach meiner Meinung, schlechten Zeit ins Ziel gekommen bin war mir klar: “Mit dem hab ich jetzt eine Rechung offen.” Und schon war er da, der Ehrgeiz. Nix mehr mit locker und lässig, keine Rede mehr von am Start stehen und “ich schau mal wie es läuft”. Nein, da stand plötzlich eine Zahl. Die sah ich aber am Anfang noch als Herausforderung.
Doch schon im Winter baute diese zahl einen Druck auf. Erst noch ganz unbewusst doch immer stetiger. Plötzlich war da im Hinterkopf, dass ich noch ein paar Höhenmeter mehr machen sollte oder dass ich auch mal flache Einheiten einbaue um mehr Kilometer zu machen. Irgendwie am Anfang noch recht witzig, nach ein paar Monaten muss ich aber sagen: “Ich hab mich da verrannt.” Und das im wahrsten Sinne des Wortes. Als ich kürzlich zu einem meiner Lieblingsplätze gelaufen bin, auf die Hohe Salve, dort stehen bleibe und auf den Kälbersalven-Speichersee schaue – der schreit hüpf rein, ist mir das so richtig aufgefallen. Eigentlich hat mich das Training schon gar nicht gefreut, aber als ich mir dann am Gipfel dacht – “reinhüpfen geht jetzt nicht, dass passt nicht in den Trainingsplan” – war mir klar: So will ich das nicht.
Ich laufe aus vielen Gründen, weil mir Spaß macht, um fitter zu werden und um das Gewicht halbwegs zu halten, aber vor allem weil ich in den Bergen und der Natur sein will, ich will sie spüren und sie genießen. Doch der Ehrgeiz hat mir diesen Spaß genommen. Somit wird es jetzt Zeit, wieder Lockerheit einkehren zu lassen und die Saison umplanen, nicht mehr von Ehrgeiz gesteuert, sondern vom Spaß. Also beim Großglockner Ultra umbuchen von 50k auf 30k, den locker laufen. Die Stimmung dieses großartigen Bewerbs aufsaugen und viele Bekannte und neue Leute treffen.
Und dann ist da ja noch der Karwendelmarsch Ende August. Den Zettel mit der offenen Rechung hab ich weggeworfen. Es geht nicht darum schneller zu sein, sondern Spaß zu haben. Und genau so werde ich ihn auch angehen, ohne Zeitdruck. Denn eins ist klar, mit meinem Tempo gewinne ich sowieso keinen Blumentopf, also worum geht dann? Um die Herausforderung ein solches Rennen zu schaffen und dabei Spaß zu haben. Wenn dann eine “gute” Zeit rausschaut auch ok. Aber ich lasse mir mein liebstes Hobby nicht mehr von falschem Ehrgeiz zerfressen. In diesem Sinne: raus auf die Trails und genießt es!
Ach ja, ich hab dem Ruf des Kälbersalvensee nachgegeben, bin hinein gehüpft und habe es genossen nach der Abkühlung locker weiterzulaufen, mit einem unglaublich guten Gefühl.
Be the first to comment