Ja – ich habe es mir gewünscht und ich verspreche es nie wieder zu tun. Ich hatte mir gewünscht, einmal den Karwendelmarsch bei schönem Wetter laufen zu können. So wie bestellt kam es dann heuer auch. Schön, sehr schön und vor allem ganz schön heiß!
Dabei hat alles so schön angefangen – schön kühl vor allem. Bei 12 Grad am Start in Scharnitz wussten wir alle zusammen noch nicht was auf uns zukommen würde. Ja es soll heiß werden sagte der Wetterbericht, aber wir kommen nie unter 1200Hm ausser zum Schluss. Es wird also wohl kein Problem sein dachte ich mir. Tja, denkste. Aber das sollte ich erst später merken. Zuvor ging es von dem heuer verlegten Start nicht durch den Ort, sondern gleich auf die Strecke und den ersten kleinen Anstieg. Die Beine waren nicht sonderlich leicht, aber das ist zu diesem Zeitpunkt im Rennen bei mir normal. Die Zielsetzung war klar: ich will unter 6 Stunden finishen. Also lasse ich mich von meinen Beinen nicht Bremsen und gebe Gas. Richtung Karwendelhaus ist es traumhaft schön. Noch etwas dämmrig und kühl geht es mit gutem Speed dahin, auch der Anstieg zum Karwendelhaus geht noch gut und ich bin in 1:56 dort. Das passt und ich hoffte auf einen guten Downhill, da es ja heuer trocken ist. Aber statt dem Matsch war nun viel Schotter und auch der ist nicht so leicht zu laufen. Zeit aufholen war bergab für mich also nicht drin, im Gegenteil. Ich hab sogar die 5 Minuten die ich schneller am Karwendlhaus war wieder eingebüßt.
Aber macht nichts, noch liege ich gut im Plan und es geht weiter Richtung Falkenhütte und Richtung Sonnenaufgang. Die Sonne beginnt uns beim Anstieg ins Gesicht zu scheinen und zeigt, dass sie es Ende August noch kann. Es brennt runter und von dem erhofften Lüftchen, dass uns Abkühlung bringen hätte sollen, war keine Spur. Die Stimmung war bei mir aber noch gut, die Zeit aber schwand dahin. Ich konnte nicht zulegen, die Beine wurden schwerer statt leichter. Trotzdem versuchte ich weiter ein gutes Rennen abzuliefern. An der Falkenhütte war aber klar: persönliche Bestleistung wird es wohl nicht mehr. Ich lag schon fast 15 Minuten hinter der Vorjahrs-Durchgangszeit. Ich war nun vor allem damit beschäftigt weiter viel zu trinken und ordentlich zu essen. Aber merke: Zu viel Wasser im Bauch ist beim Downhill unpraktisch und die Flasks sollte man auch im Tal, nicht am Berg auffüllen. Aber gut, das merke ich mir für nächstes Jahr.
Auch der Downhill in die Eng war leider nicht so zügig wie ich erhofft hatte und ich verlor wieder Zeit. Langsam nagte nicht nur die Hitze an meinem Gemüt, sondern auch die Klarheit, dass die Zeit nicht ruhmreich sein würde. Kurz überlegte ich in der Eng aufzuhören, aber warum? Nur weil die Zeit nicht passt? Nein, kommt nicht in Frage. Also weiter geht´s Richtung Binsalm und dann auf die Gramai Scharte. Zwischen den Latschen fing dann der Spaß erst richtig an. Die Sonne brannte gnadenlos auf uns herab und die Latschen verhinderten jede Luftbewegung. So ähnlich mit es einem Brathühnchen am Grill gehen. Es fand sich aber eine nette Gruppe zusammen und wir quälten uns gemeinsam rauf, das half zumindest dem Kopf etwas. Endlich waren wir auf der Scharte und der Blick war traumhaft. Und ich wusste, jetzt geht´s Richtung Ziel nur mehr bergab.
Aber das nächste Tief erwartete mich in der Gramai. Noch 8,5 Kilometer und die Beine und vor allem der Kopf wollten so ganz und gar nicht mehr. Nach der Labestation und 300 Metern gehen wurde mir aber klar: Noch gut 8k bei dem Schnitt, da kommst du ewig nicht ins Ziel. Und plötzlich war da die “7” in meinem Kopf. Nein, also eine 7 vor der Finisherzeit geht gar nicht und so bin ich wieder losgelaufen in einer Gruppe mit 3 weiteren Teilnehmern. Die haben mich erst etwas mitgezogen, nach einem Kilometer konnte ich mich aber lösen. Es ging dann doch überraschend gut die letzten Kilometer raus. Zumindest bis zur Mautstelle und dem Kilometerschild 2. Da kommt die letzte Steigung soweit man das als solche bezeichnen kann. Aber nach 50 Kilometer, fast 2300 Höhenmetern und 6:30 Stunden wird auch so ein “Schapper” zu einem Berg. Meine Beine wollten gehen und mein Kopf hatte nichts entgegenzusetzen. Als nach wenigen Schritten gehen einer aus der Gruppe ankam und ohne ein Wort mit mir zu reden mich kurz am Ärmel packte und mitzog. Danke, damit hatte ich wieder Motivation und ich lief über den Hügel und Richtung Ziel. Auf der Straße zum Ziel überholte mich noch ein Auto, heraus lachten Bekannte aus Westendorf. Ein kurzer Plausch und es ging endgültig Richtung Ziel wo schon meine ganze Familie wartete, meine beiden Söhne, meine Eltern und natürlich meine Frau Petra. Mein Kleiner ist dann noch mit mir ins Ziel eingelaufen und somit war die schlechte Zeit zumindest beim Zieleinlauf kein Thema. Das war ein super Erlebnis mit dem Junior.
Der Karwendelmarsch 2015 ist Geschichte, die Beine so fertig wie noch nie und der Kopf voll mit vielen Emotionen und Eindrücken. Unbestritten ist für mich, dass es der landschaftlich schönste Lauf ist, den ich kenne. Die Strecke durch das Karwendel-Gebirge ist traumhaft und die Ausblicke sind unglaublich (hab ich ja heuer erstmals beim meiner dritten Teilnahme dank des Wetter gesehen). Trotzdem, sollte es 2016 regnen bin ich nicht böse. Und egal ob schönes oder schlechtes Wetter, die Helfer an den Verpflegstellen, beim Start und im Ziel sind super nett, feuern die Teilnehmer an, helfen wo sie können und sind mit viel Einsatz dabei. Selbst bei dem Rekordteilnehmerfeld von 2500 Startern ist der Karwendelmarsch irgendwie familiär. Einziger Wehrmutstropfen war echt die Hitze und die damit verbunden Erkentnis: ich bin kein Hitze-Läufer und selbst nach dem Sommer war ich nicht daran gewöhnt. Aber ok, jetzt weiß ich es halt fix.
Und eines ist völlig klar: ich komme wieder. der Karwendelmarsch und ich haben jetzt eine Rechung offen.
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